
Das briq-Stipendienprogramm fördert laufend rund 25 Doktorandinnen und Doktoranden an der Bonn Graduate School of Economics. Einige von ihnen sind eng in die Arbeit des Instituts eingebunden und arbeiten an briq-Projekten mit. In unserer Kurzporträt-Reihe stellen wir die aktuellen „briq Student Fellows“ und ihre Arbeit vor. Zu ihnen zählt auch Luca Henkel, der seit Juli 2017 am briq forscht.
Welches Forschungsthema interessiert dich am meisten?
Generell interessieren mich individuelle Entscheidungen: Wie treffen Menschen unter verschiedensten Rahmenbedingungen ihre Entscheidungen, und was sind die Motive? Besonders spannend finde ich die Bestimmungsfaktoren moralischer Entscheidungen, also Entscheidungen mit Konsequenzen für andere Lebewesen, und die Entscheidungsfindung unter Unsicherheit, bei denen die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden können. Dass diese Aspekte für eine Vielzahl von Entscheidungen im realen Leben eine Rolle spielen, macht für mich den besonderen Reiz dieses Forschungsthemas aus.
Was ist dein Forschungsansatz zu diesen Fragen?
Am meisten begeistert mich der Ansatz, theoretische und praktische Forschung zu verknüpfen – also ökonomische Modelle und experimentelle Methoden zu kombinieren, um neue Einblicke in den Prozess der menschlichen Entscheidungsfindung in den verschiedensten Kontexten zu gewinnen.
Kannst du ein Beispiel geben?
In einem gemeinsamen Papier mit Armin Falk, Roland Bénabou und Jean Tirole nutzen wir ein Modell, um zu zeigen, dass sich Menschen bei moralischen Entscheidungen potenziell anders verhalten, als es ihren tatsächlichen Präferenzen oder „wahren“ Moralvorstellungen entspräche, wenn sie sich um ihre Reputation sorgen – wenn sie also vor sich selbst und anderen nicht als „schlechter Mensch“ dastehen wollen. Wie das Modell deutlich macht, interagieren solche Reputationseffekte mit verschiedenen Methoden, wie moralische Fragen gestellt werden, was zu interessanten Hypothesen hinsichtlich der beobachteten Häufigkeit von moralischem Verhalten führt.

Wie habt ihr diese Hypothesen getestet?
Wir haben dazu ein Experiment durchgeführt, bei dem die Teilnehmer vor die moralische Entscheidung gestellt wurden, entweder eine lebensrettende Spende für Tuberkulosekranke oder einen Geldbetrag für sich selbst zu generieren. Ein Teil der Probanden konnte die Entscheidung privat und anonym treffen, ein anderer Teil wurde dabei von mehreren Personen beobachtet.
Was kam bei dem Experiment heraus?
Tatsächlich hängt das moralische Verhalten, wie im Modell vorhergesagt, von der Fragemethode ab. Bei einer Methode mussten die Teilnehmer in mehreren Entscheidungen unter unterschiedlichen Geldbeträgen entscheiden, ob sie den jeweiligen Betrag für sich behalten oder zugunsten der Spende darauf verzichten würden. Anschließend wurde potenziell einer dieser Beträge ausgelost. Bei der anderen Methode bezog sich die Entscheidung nur auf einen einzelnen festen Betrag. In der Summe führte die Methode mit der Mehrfachauswahl zu einem höheren Spendenvolumen – aber nur, wenn die Probanden unter Beobachtung standen. Konnten sie ihre Entscheidung privat treffen, führte die Einzelentscheidung zu einem höheren Spendenbetrag.
Was können wir daraus lernen?
Unsere Ergebnisse liefern zum einen Hinweise auf mögliche Probleme experimenteller Methoden zur Bestimmung „wahrer“ Präferenzen und Moralvorstellungen. Zum anderen können sie aber auch praktische Implikationen für das wahre Leben haben, wenn es beispielsweise um das Einwerben von Spenden oder – allgemeiner gesagt – um die Förderung moralischer oder prosozialer Verhaltensweisen geht.