Hochschulbildung wird oft als Motor der sozialen Mobilität angesehen. Allerdings sind Personen aus einkommensschwachen Familien an Eliteuniversitäten häufig unterrepräsentiert, was zu einer höheren Ungleichheit am Arbeitsmarkt nach dem Studium führen kann. Quotenregelungen und andere Formen von „Affirmative Action” sollen diese Ungleichheit reduzieren, indem sie den Anteil von Minderheiten und einkommensschwachen Studierenden an Eliteuniversitäten erhöhen.

Frühere Studien haben gezeigt, dass Affirmative Action an weniger selektiven Universitäten zielführend ist. Dort profitieren benachteiligte Studierenden von einer besseren Ressourcenausstattung und höheren Abschlussquoten. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Hochschulabschluss erwerben, was ihre Jobaussichten verbessert.
An Universitäten mit besonders strengen Auswahlverfahren ist die Situation jedoch anders. Hier sind alle Bewerbenden hochqualifiziert, und wer keinen Studienplatz erhält, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit anderswo einen Hochschulabschluss erwerben. Welche Auswirkungen hat also Affirmative Action an Eliteuniversitäten?

Eine aktuelle Studie, die briq-Postdoc Germán Reyes gemeinsam mit Cecilia Machado und Evan Riehl verfasst hat, untersucht dazu die Folgen einer umfassende Quotenregelung an einer der selektivsten und renommiertesten Universitäten Brasiliens, der Rio de Janeiro State University (UERJ). Ab den frühen 2000er Jahren reservierte die UERJ 45 Prozent ihrer Studienplätze für einkommensschwache Studierende und Angehörige von Minderheiten, wodurch sich die ethnische und sozioökonomische Vielfalt der Studierendenschaft drastisch erhöhte.
Die Forschenden analysierten den akademischen Werdegang und die frühen Karriereverläufe aller UERJ-Studierenden mit besonderem Fokus auf die „Zielgruppe“ der Quotenregelung sowie diejenigen Studierenden, die auch ohne spezielle Förderung zugelassen worden wären.

Tatsächlich erzielten Absolventen, die nur über die Quotenregelung zugelassen worden waren, höhere Einstiegsgehälter als vergleichbare Studierende mit einem Abschluss an einer anderen Universität. Allerdings war dieser Einkommensvorteil nicht auf den Bildungserfolg zurückzuführen, sondern vielmehr auf den Zugang zum Alumni-Netzwerk der Universität, mit dem viele gut bezahlende Unternehmen verbunden sind. Im weiteren Erwerbsverlauf ging der Gehaltsvorsprung jedoch wieder zurück.
Nach Einschätzung der Forschenden wird daran deutlich, dass Affirmative Action an Eliteuniversitäten zwar benachteiligten Studierenden den Zugang zu wertvollen Netzwerken ermöglicht, die zu hochbezahlten Einstiegsjobs führen. Allerdings gibt sich daraus nicht unbedingt ein nachhaltiger Vorteil, da im weiteren Berufsleben andere Karrierehemmnisse zum Tragen kommen können. Eine effektive Förderung sozial und wirtschaftlich benachteiligter Gruppen dürfe sich daher nicht allein auf den Aspekt des Hochschulzugangs beschränken.