Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, inwieweit sich Menschen bei moralischen Entscheidungen davon beeinflussen lassen, was andere von ihnen denken könnten. Dass neben dem Fremdbild auch unser Selbstbild im Entscheidungsprozess eine wichtige Rolle spielt, belegt ein aktuelles Forschungspapier von Armin Falk, das jetzt im Journal of Economic Behavior & Organization erschienen ist.
In seinem Verhaltensexperiment stellte Falk die Probandinnen und Probanden vor die moralische Entscheidung, für einen bestimmten Geldbetrag einer anderen freiwilligen Versuchsperson einen schmerzhaften, aber gesundheitlich unbedenklichen Elektroschock zu versetzen, oder auf das Geld zu verzichten, um die andere Person zu verschonen.
Um den Effekt des Selbstbildes auf die Bereitschaft zum unmoralischen Verhalten isolieren zu können, wurde die Konfrontation der Teilnehmenden mit ihrem Selbstbild zufällig variiert: Einige sahen sich selbst während ihrer Entscheidung, entweder „live“ per Video oder im Spiegel, anderen wurde auf dem Bildschirm ein neutrales oder gar kein Video eingeblendet.

Wie die Grafik veranschaulicht, waren die Versuchspersonen, denen ein echter oder „virtueller Spiegel“ vorgehalten wurde, weniger bereit, anderen für Geld Schmerzen zuzufügen. Laut Falk ließe sich diese Erkenntnis auch auf Situationen in der Praxis übertragen, wenn es darum geht, moralische Verhaltensweisen zu fördern oder sozial erwünschte Ergebnisse herbeizuführen. So könnten beispielsweise Unternehmen, Organisationen oder auch Steuerbehörden versuchen, Entscheidungsumgebungen zu schaffen, in denen sich Menschen „selbstreflektierter“ verhalten.