
Inwieweit sind Menschen bereit, für einen kleinen finanziellen Vorteil zu lügen? Und welche Rolle das soziale Umfeld für die Neigung zur Ehrlichkeit?Diesen Fragen gehen Johannes Abeler, Armin Falk und Fabian Kosse in einer neuen Studie nach, die auf dem briq family panel basiert, einer jährlichen Wiederholungsbefragung von rund 700 Familien im Großraum Köln-Bonn.
Anhand von Einkommen und Bildungsstand der Eltern sowie deren Alleinerziehendenstatus bemessen die Forscher den sozioökonomischen Status der Familien. Mit einem Experiment ermittelten sie die durchschnittliche Ehrlichkeit der Kinder: Jedes Kind musste einen Würfel werfen und sagen, ob das gewürfelte Ergebnis einer zuvor ausgedachten „Glückszahl“ von 1 bis 6 entsprach. Bejahte das Kind die Frage, erhielt es 5 Euro. Ob das Kind gelogen hatte oder nicht, konnten die Forscher nicht nachprüfen, wohl aber statistisch berechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit es die Wahrheit gesagt hatte.
Im Ergebnis zeigt sich, dass Kinder aus Haushalten mit hohem sozioökonomischem Status im Durchschnitt ehrlicher sind. Außerdem beeinflussen elterliche Nähe und ein hohes Maß an Vertrauen in der häuslichen Umgebung die Ehrlichkeit der Kinder positiv.
Fehlt es an diesen elterlichen Ressourcen, lässt sich der Nachteil laut Studie durch eine einfache, aber hoch effektive Fördermaßnahme abbauen: Eine zufällig ausgewählte Teilgruppe der Kinder mit geringem sozioökokonomischem Status nahm im Grundschulalter ein Jahr lang am Mentorenprogramm „Balu und Du“ teil und traf sich mit freiwilligen Mentoren zu interaktiven Aktivitäten, die den persönlichen Horizont der Kinder erweitern und die psychosoziale Entwicklung fördern sollten.
Durch die Teilnahme am Mentorenprogramm verbesserte sich neben vielen anderen Entwicklungsaspekten, die in anderen Studien untersucht wurden, auch die Ehrlichkeit der Kinder. Im Vergleich zu Kindern mit ähnlichem sozialem Hintergrund reduzierte sich die Wahrscheinlichkeit, in dem beschriebenen Würfelexperiment zu lügen, von 58 auf 44 Prozent.
Dass das Mentorenprogramm zu diesem Zeitpunkt bereits vier Jahr zurücklag, spricht für eine dauerhafte positive Veränderung der Ehrlichkeit. Die Forscher schließen daraus, dass frühkindliche Interventionen nicht nur die späteren Bildungs- und Arbeitsmarktchancen verbessern, sondern auch das soziale und moralische Verhalten maßgeblich stärken können.